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Nachdem wir, die beste Ehefrau von allen und meine Wenigkeit, bereits im vergangenen Jahr 10 Tage in Siebenbürgen Urlaub gemacht und die Gegend erkundet haben, sollte es nunmehr eine Rundreise durch den Karpatenbogen sein. Der Flug war schnell gebucht und dank der nicht immer nachvollziehbaren Preispolitik von WizzAir auch super günstig. Beim ersten Hahnenschrei ging´s los und gegen Mittag konnten wir bereits im Hotel in Sibiu / Hermannstadt einchecken. Der Himmel über Rumänien meinte es an diesem Freitag gut mit uns und zeigte sich von seinem besten Blau, was sich allerdings im Verlauf der nächsten Tage noch nachhaltig ändern sollte. Da wir auf dem Flughafen in Dortmund einen Bekannten aus unserer Heimatstadt getroffen hatten, der ebenfalls nach Hermannstadt wollte, war der erste Abend in launiger Runde bei gutem Essen und Trinken in Rumänien gerettet.
1 Am Samstag brachen wir dann auf in Richtung Maramures. Auf dem Weg dorthin haben wir dann bei einer sehr netten Facebook-Freundin in Birthälm / Biertan Halt gemacht und aus dem virtuellen Kontakt eine reale freundschaftliche Beziehung werden lassen. Aus dem ursprünglich geplanten 30minütigen Zwischenstopp wurde dann eine rund zweistündige, spannende und informative Unterhaltung. Da uns aber die Ferne lockte und wir unbedingt noch pünktlich am Bahnhof von Viseu de Sus die Fahrkarten für die legendäre Waldkarpateneisenbahn „Mocanita“ kaufen wollten, war ein längerer Aufenthalt leider nicht möglich. Wir haben allerdings die Rechnung ohne die rumänische Beamtenpünktlichkeit gemacht, denn als wir um 18:10 Uhr am Bahnhof vorsprechen wollten, waren die Fahrkartenverkäufer/innen der Maramures bereits 10 Minuten im vermutlich wohlverdienten Feierabend. 2 Also ab in das „Landhaus“, eine von einem sehr netten jungen rumänischen Ehepaar geführte Pension am Rande der Zipserei in Viseu de Sus / Oberwischau. Dort haben wir dann im wohnlich eingerichteten Zimmer bis auf die planmäßige Wiedereröffnung des Fahrkartenschalters gewartet.
3 Sonntag um 9:00 Uhr war es dann endlich soweit: Fahrkarten in der linken und die Gutscheine für das Überlebenspaket aus Essen und Trinken in der rechten Tasche, hievten wir uns dann in die altertümlichen Wagons – erstaunlicherweise ostdeutscher Herstellung. Was sich uns zunächst als wohlige Wärme entgegenschlug, entpuppte sich im Nachhinein als kaum steuerbare Hitzeentwicklung eines unscheinbaren Kanonenofens, der seinem Namen jedoch alle Ehre machte. Die Raumtemperatur musste dann über die Öffnung der Fenster geregelt werden. | 4 Wenn schon die Personenwagen als „altertümlich“ bezeichnet werden dürfen, so trifft diese Untertreibung für die Lok nicht zu: „Altertümlich“ ist wohl nicht das richtige Attribut für dieses stählernde Ungetüm auf Schienen. „Museal“ trifft es da schon eher … 5 Die Mocanita (sprich: Mokaniza), so heißt diese schnuckelige Lok, die mich ein wenig an Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer erinnerte, schnaufte mit einem Tempo von gefühlten 20 Stundenkilometern dann ins malerische Wassertal. Die Landschaft glitt ruhig an uns vorbei und der „Faktor Zeit“ bekam bei dieser Form der Fortbewegung eine gänzlich andere Bedeutung, als dies in meinem mitunter sonst hektischen Leben der Fall ist. Am Kluminationspunkt gab es dann Essen und Trinken auf Marken, die wir Stunden zuvor gleichzeitig mit unserem Fahrpreis erworben hatten. Ein Ursus-Bier, der obligatorische Tuica und die deftige rumänische Küche: Wir waren rundum zufrieden. 6 Auf dem Weg zurück ins Tag sorgte dann auf dem offenen Podest des hinter uns befindlichen Wagens ein Bremser für eine ausreichende Elimination der Hangabtriebskraft ... FA = m · g · sin(α). Vermutlich hätte ansonsten die Schubkraft der sechs oder sieben Wagons dafür gesorgt, dass die Lok von den Schienen gesprungen wäre. Jedenfalls kurbelte der Bremser in stoischer Ruhe und äußerster Coolness an seinem Bremsrad, mal zu-, mal aufdrehend. Währenddessen zeigte in unserem Abteil der Tuica seine Wirkung und eine Gruppe von sechs oder sieben ungemein sympathischen jungen Rumänen aus Budapest stimmte Volksweisen an, die auch den sprachunkundigen Fahrgästen die Seele wärmten. Nach rund vier Stunden waren wir dann wieder am Bahnhof Oberwischau angekommen und um eine wundervolle Erfahrung reicher …
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